Qualifizierungsprogramm Stationsleitung
Pflege in die Zukunft führen
Qualifikation durch Kompetenzentwicklung – die mittlere Führungsebene wird durch ein neues Qualifizierungsprogramm gestärkt und unterstützt.
„Es ist jeden Tag eine neue Herausforderung, mich als Managementverantwortliche zu positionieren.“ Aber genau das ist Sabrina Roßius: Die 35-Jährige leitet die Intensivstation im Krankenhaus Hedwigshöhe in Berlin. Bereits kurz nachdem sie im Jahr 2017 die Stationsführung übernommen hatte, war ihr der Bedarf nach mehr Handlungsfähigkeit für das mittlere Pflegemanagement deutlich geworden. „In der Pflege ist es ganz selbstverständlich, dass man alles selbst macht, den Dienstplan – mit dem alle unzufrieden sind ;– abends auf der Couch schreibt oder Bürozeiten an den Dienst dranhängt. Stationsleitungen, die Bereiche führen mit bis zu 35 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, arbeiten zusätzlich noch selbst in der Patientenversorgung am Bett mit. Das gibt es in fast keinem anderen Bereich.“
Sabrina Roßius ist eine engagierte Frau, die bereits ein neues Arbeitszeitmodell für ihre Station erarbeitet und umgesetzt hat und im Vorstand des Bundesverbandes für Pflegemanagement aktiv ist. „Ich muss oft an eine Metapher denken: Ein Bauer steht verzweifelt an seinem Grundstück, auf dem seine Hühner wild durcheinanderlaufen. Er kommt vor lauter Hühnereinfangen nicht dazu, einen Zaun zu bauen. Ich glaube, wenn man immer nur den Dingen hinterherrennt, wird man nie etwas verändern. Man muss irgendwann den Zaun bauen, auch wenn die Hühner vielleicht bis in den Wald laufen und erst mal alles schlimmer wird. An irgendeinem Punkt muss man die Themen angreifen.“
Und genau das hat sie getan. Sabrina Roßius hat angefangen, den Zaun zu bauen. In ihrer Freizeit hat sie gemeinsam mit einem freiberuflichen Coach für Unternehmensgesundheit, Philipp Andresen, ein Konzept für ein Qualifizierungsprogramm erarbeitet. „Das Ziel ist eine klare Handlungsfähigkeit des mittleren Managements. Die Stationsleitungen müssen auf Augenhöhe mit dem Oberarzt zusammenarbeiten – denn so sollte die Struktur eigentlich sein. Davon sind wir in der Pflege zur Zeit allerdings ganz weit entfernt.“
Das Konzept beinhaltet einen Weiterbildungskurs, der auf 18 Monate angelegt ist, bestehend aus sechs Workshops. Das Curriculum kann theoretisch für das mittlere Management im gesamten Gesundheitswesen angewendet werden, für Stationsleitungen genauso wie für Wohnbereichsleitungen. Die Pflege ist ein besonderes und sehr komplexes Arbeitsumfeld, das viele unterschiedliche und hohe Anforderungen stellt. „Wir erreichen eine richtig gute Qualifikation nur über Kompetenzentwicklung. Daher verknüpfen wir Wissen aus Psychologie, Wissenschaft und Management mit der Praxis im Alltag“, erklärt Roßius ihren Ansatz.
Andresen und Roßius haben ihr Konzept der Pflegedirektion in Hedwigshöhe vorgestellt und sind damit auf Begeisterung gestoßen. „Die Pflegedirektion hat hier immer ein offenes Ohr für gute Ideen. Sie hat den Bedarf sofort erkannt und steht hinter unserem Programm. Es ist ihr ein Anliegen, die Stationsleitungen als ihre Partner zu befähigen.“ Mit voller Unterstützung der Geschäftsführung und einer Begleitung durch das Bundesgesundheitsministerium wurden Umsetzung und Finanzierung des Projekts genehmigt.
„Unsere Themen werden gehört und haben Raum bekommen.“
Christin Haas, Stationsleitung Geriatrie
Alle Stationsleitungen des Hauses nehmen an der Weiterbildungsmaßnahme teil. „Das ist wie eine helfende Hand. Unsere Themen werden gehört und haben Raum bekommen. Ich kann endlich mal sagen, wo der Schuh drückt und wo ich Unterstützung brauche“, erzählt Christin Haas. Sie leitet die Geriatrie, arbeitet seit 17 Jahren im Krankenhaus Hedwigshöhe und ist begeistert von dem Projekt. „Obwohl ich 19 Planstellen koordinieren muss, von denen derzeit nur 14 besetzt sind, bin ich 80 Prozent meiner Arbeitszeit am Bett tätig. Der Rest reicht kaum für das dringendste Organisatorische. Ich habe kaum Zeit, mal strategisch zu denken. Es ist toll, die nun zu bekommen.“ Mit ihrem Team möchte sie künftig an Kernprozessen arbeiten, die Dienste besser strukturieren und Bedarfe ermitteln.
Ziel des Konzeptes ist es darüber hinaus, Anerkennung und Zufriedenheit zu schaffen, beides kommt in der Pflege oft zu kurz, weiß Sabrina Roßius aus Erfahrung. „Ich bin mir ganz sicher, die Zufriedenheit kommt nicht über das Geld. Die Zufriedenheit kommt über die Identifikation. Und wenn nach den anderthalb Jahren eine Identifikation mit der Rolle stattgefunden hat und die Kolleginnen und Kollegen sich selbstbewusst auf Managementebene sehen, dann haben wir ganz viel erreicht.“