Soziale & pädagogische Berufe
Wie war Ihr Tag …?
Sozialpädagoginnen und -pädagogen arbeiten in vielen Einrichtungen der Alexianer. In unserer Berufswelten-Reihe sprechen einige von ihnen über ihren Alltag.
Ich habe heute viel telefoniert. Gleich um acht Uhr zum Beispiel: Da versuchte ich mir auf eine Mail hin den Dienstwagen zu reservieren, den ich mir mit anderen teile. Anschließend stand ein kompliziertes Gespräch mit dem Jobcenter an. Das Projekt „Plan 27“, für das ich tätig bin, ist ein Hilfsangebot für junge Menschen, die durch psychische Probleme nicht in einen gescheiten Lebensweg hineinfinden.
Das Telefonat drehte sich um einen Klienten mit posttraumatischer Belastungsstörung – einen Geflüchteten, der gerade volljährig geworden ist und weder Arbeit noch Ausbildung hat. Ich konnte einen Fristaufschub für ihn erreichen. Nächste Woche begleite ich ihn zum Gericht, wo über eine gesetzliche Betreuung entschieden wird.
„Ich sehe eine große Sinnhaftigkeit in meiner Arbeit“
Insgesamt kümmere ich mich derzeit um zehn Menschen. Unter ihnen ist ein junger Mann, der dringend aus seiner schwierigen Familie ausziehen müsste und bereits teils obdachlos ist; er bräuchte eine Wohnung und einen Therapeuten. Ich habe einen Transsexuellen, der sein Geschlecht verändern will und fürchtet, darüber eine Maßnahme vom Jobcenter zu verlieren. Eine Abiturientin brach eine Ausbildung ab, weil sie depressive Schübe bekam. Ein junger Mann wagt sich nicht mehr aus dem Haus, weil er draußen Panikattacken bekommt – um nur einige Beispiele zu nennen.
„Plan 27“ ist ein niedrigschwelliges Angebot, das keine Zuweisung oder Formulare erfordert. Wir greifen Menschen unter 27, die schon der Schritt zu regulären Hilfsangeboten überfordert, für eine Weile unter die Arme – ob das nun auf zwei Monate oder zwei Jahre Unterstützung hinausläuft. Dann legen wir die Hilfe in andere Hände.
Einige Klientinnen und Klienten konnten mit meiner Unterstützung schon ihre Ausbildung abschließen, was sie sonst nicht geschafft hätten. Bei anderen ist es bereits ein Erfolg, wenn sie erkennen, dass sie Unterstützung brauchen und sie mit unserer Hilfe auch finden.
Leider hat „Plan 27“ für ganz Köln nur zwei volle Stellen zur Verfügung. Als das Modellprojekt von den Alexianern und anderen Trägern der Psychiatrie in Köln gemeinsam entwickelt wurde, ging man von etwa vierzig Klientinnen und Klienten pro Jahr aus. Es wurden achtzig, die Wartelisten sind lang. Und schon jetzt ist die Finanzierung nicht leicht: Das Geld kam in den ersten beiden Jahren von der EU, anschließend sprang die Stadt bis 2022 ein. Aktuell hoffen alle drei Träger, die von der Stadt mit dem Projekt betreut wurden, auf eine Lösung für die Zeit danach.
Den Vormittag über blieb ich am Telefon. Ich weckte einen Klienten und erinnerte ihn an seinen Termin bei einer Beratungsstelle mit tagesstrukturierenden Angeboten (den er trotzdem verpasste). Einen anderen musste ich dazu bewegen, für einen Apothekenbesuch endlich das Haus zu verlassen; ich blieb lange am Hörer, bis er wirklich in den Schuhen und unterwegs war. Für einen dritten Mann, der antriebsschwach ist und nicht mal reagierte, als er seine Brille verlor, machte ich Arzttermine.
Nach einem kurzen Mittagessen fuhr ich dann mit dem Dienstwagen ans andere Ende meines großen Gebietes, um mit dem Klienten, der seine Wohnung ungern verlässt, gemeinsam einkaufen zu gehen – das war mein Highlight des Tages, denn er hat nicht wie sonst nur Dosen gekauft. Bald wird auch dieser Mann einen gesetzlichen Betreuer bekommen.
Podcast Berufswelten
Drei weitere Sozialpädagoginnen und -pädagogen hören Sie in dieser Folge unseres Podcasts „Wie war Ihr Tag ...?“: Carmen Fischer aus Berlin, Norbert Nagel aus Aachen und Katja Waldeck aus Bitterfeld.
Kurz vor Feierabend rief um 16.30 Uhr schließlich noch eine junge Frau an, der eine Psychotherapeutin meine Nummer gegeben hatte. Der Tag dauerte durch den Anruf länger als gedacht. Aber das war okay. Bei einem solchen Erstgespräch, das die Frau ja Überwindung kostet, legt man nicht auf, nur weil Feierabend ist. Ich sehe eine große Sinnhaftigkeit in meiner Arbeit, die mich trotz aller Widrigkeiten, die es manchmal gibt, sehr glücklich macht. „Plan 27“ ist echte Sozialarbeit. Wir können den Menschen, die sich an uns wenden, etwas Sicherheit und Halt geben. Das ist gut.
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